Eine Schweizer Studie hat sich intensiv mit dem energetischen Potential von elektrochromem Glas (ECG) auseinandergesetzt. Sie kommt zum Schluss, dass sich der Klimakältebedarf durch Fassaden mit ECG reduzieren lässt. Aufgrund der durch den Klimawandel häufiger zu erwartenden Hitzesommer wird der Einsatz von elektrochromer Verglasung an Bedeutung gewinnen.
Die Forschung hat sich bereits in einigen Studien mit verschiedenen am Markt erhältlichen ECG-Produkten auseinandergesetzt und auch die Weiterentwicklung von elektrochromen Glasprodukten begleitet. In der Schweiz wurde 2020 der aktuelle Stand der Forschung evaluiert und auf Aussagen zum energetischen Potential von ECG überprüft. Die Literaturstudie wurde an der Hochschule Luzern im Fachbereich Technik und Architektur durchgeführt. Die ausgewerteten Forschungsergebnisse zeigen ein heterogenes Bild, denn der Einsatz von ECG ist von vielen Parametern abhängig. Die betrachteten internationalen Studien deuten jedoch mehrheitlich darauf hin, dass der Einsatz von elektrochromen Verglasungen zu Energieeinsparungen führen kann. Dies gilt besonders für Gebäude in warmen oder heißen Klimaregionen und hier vor allem für deren Ost- und Westfassaden. Auch das innerhalb der Literaturstudie erarbeitete Denkmodell deutet darauf hin, dass der Einsatz von ECG „in der warmen Jahreszeit zu einer Reduzierung des Energiebedarfs im Vergleich zu einer konventionellen Verglasung mit einem zusätzlichen Sonnenschutz führen könnte.“
Klimawandel erhöht Einsparpotentiale
Da wegen des Klimawandels auch in den bisher als gemäßigt geltenden Klimazonen mit immer häufiger auftretenden Hitzetagen zu rechnen ist, wird das energetische Einsparpotential von ECG weiter zunehmen. Der Fokus der energetischen Optimierungsbestrebungen bei Gebäuden wird sich immer mehr auf das Sommerhalbjahr verschieben. Dadurch wird gemäß der Studie der Einsatz von elektrochromer Verglasung an Bedeutung gewinnen.
Klare Vorteile von ECG-Systemen
Die Schweizer Literaturstudie attestiert den ECG-Systemen klare Vorteile gegenüber Fassadensystemen aus konventioneller Verglasung und einem zusätzlichen Sonnenschutz. So vereinfacht beispielsweise das Fehlen von mechanischen Elementen bei ECG die Wartung und Reinigung, was sich in geringeren Kosten widerspiegelt. Als Alleinstellungsmerkmal von ECG-Fassaden wird in der Studie die uneingeschränkte Nutzbarkeit des Sonnenschutzes auch bei hohen Windlasten hervorgehoben. Für den Einsatz von ECG-Fassaden spricht aber auch die ungehinderte Aussicht bei jedem Verdunkelungszustand. Für einen trotzdem hohen Tageslichtanteil und eine neutrale Farbwahrnehmung im Raum empfehlen sich intelligente Regelungsstrategien, bei denen nur bestimmte Zonen der Verglasung oder einzelne Fassadenseiten eingefärbt werden, während andere das Tageslicht ungetönt hindurchlassen. Projektspezifische Betrachtung Die Studie kommt zum Schluss, dass die Entscheidung für eine elektrochrome Verglasung immer auf der Basis einer projektspezifischen Abklärung (z.B. mittels integralen Simulationsberechnungen) erfolgen sollte, wenn eine Steigerung der Energieeffizienz im Fokus steht. Zusätzlich zur Klimaregion spielen auch planerische Entscheidungen wie beispielsweise die Fassadenausrichtungen, Größen der Fassadenöffnungen und die Wahl der Steuerungsstrategie eine Rolle. Auch empfiehlt die Studie eine projektspezifische Lebenszyklusanalyse, wenn es um eine Kostenabwägung geht. Dass nicht nur energetische Berechnungen, sondern auch der Faktor Mensch Grundlage der projektspezifischen Betrachtung sein sollte, zeigt ein interessantes Detail aus den Recherchen zu der Studie: Bei einem Erfahrungsaustausch stellte sich heraus, dass die Mitarbeitenden in einem ECG-verglasten Betrieb die ca. 7-minütigen Umschaltzeiten der elektrochromen Verglasung völlig anders beurteilten, als die faktenbasierte Projektevaluation erkennen ließ: Im Gegensatz zu den dort angestellten Bewertungen empfanden die Nutzer die „langsame“ Helligkeitsumstellung als positiv und angenehm für das menschliche Auge.
07.06.2022, Sage Glass
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